Stefan Jürgens im Tartuffe von Molière -
foto: Ann-Marie Schwanke

„Tartuffe“ im Renaissance-Theater: Der Mensch, das böse Lebewesen

Guntbert Warns hat Molières Stück einen frischen Twist verpasst und kommt dabei ganz ohne plakative Aktualitäts-Leitplanken aus. Ein großer Spaß.

Die Titelrolle in einer der berühmtesten und meistgespielten Komödien Molières spielt Stefan Jürgens, der für seine letztjährige Darbietung in Reichenau mit dem Publikumspreis des NESTROY ausgezeichnet wurde.

 

Eine Kopruktion mit den Festspielen Bad Reichenau ab dem 1.Februar im Renaissance-Theater Berlin.

Regie Guntbert Warns | Bühne Ezio Toffolutti | Kostüme Erika Navas | Musik Bernhard Moshammer

Renaissance Theater - Tartuffe

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Pressestimmen

„Im Zentrum das Spiel. Und natürlich das Stück.350 Jahre alt, erzählt von Heuchelei und Verblendung, von Schwäche und menschlichen Facetten.
Die betrügerische Titelfigur schleicht sich in ein finanziell wohl bestelltes Haus ein, gibt den frommen, erlügt sich alles und ruiniert – fast – die Familie. Stefan Jürgens gibt ihn, den Heuchler. Eine Mischung aus SektenChef und kalter Gefahr, mit TigerSchritt und lüsternem Egoismus ausgestattet. Es sind bewusst etwas überzeichnete, aber gerade darum so treffliche Figuren, die Regisseur Guntbert Warns in seiner herausragenden Inszenierung vorführt. Kompakt und intensiv, scharf umrissen und gut!“
Kronenzeitung

„…Es darf also betrogen und gelogen werden, dass sich die sprichwörtlichen Balken biegen. Denn dieser Tartuffe, der vorgibt, ein Mann Gottes zu sein, und sich dadurch die Gunst des Pariser Bürgers Orgon erschleicht, hat in Wahrheit ziemlich weltliche Ziele. Er will Orgons Frau Elmire verführen, deren Tochter ehelichen und die Familie Orgons um ihr Haus und Geld bringen...
Dazu passt, dass Stefan Jürgens diesen Hochstapler tatsächlich als eine Art Erlöserfigur anlegt. Salbungsvoll wehrt er alle Finten ab, mit gefährlichem Charme umgarnt er Elmire, mit Nonchalance lässt er Orgon immer mehr in sein Spinnennetz geraten…
Viel Applaus.“
Kurier

„Guntbert Warns setzt auf die Kraft des Wortes und nicht auf vordergründigen
Klamauk sondern auf Nachdenklichkeit. Da gibts einiges zu lachen, aber das Lachen ist ein dunkles, ein böses Lachen.Das Schauspielensrmble fesselt insgesamt, denn es feiert die Kunst des Sprechens. Stefan Jürgens spricht angenehm heutig und zeigt Tartuffe nicht
vordergründig als teuflische Gestalt sondern als durchtriebenen aber dabei charmant auftretenden Schelm mit dem Charisma eines knuddeligen Teddybären. Das Böse, das Menschenverachtende dringt auf leisen Sohlen sehr effektvoll nach vorn.“
Peter Claus, rbb

„Guntbert Warns hat Molières Stück einen frischen Twist verpasst und kommt dabei ganz ohne plakative Aktualitäts-Leitplanken aus. Ein großer Spaß.
Von Patrick Wildermann
Im Hause Orgon stehen die Dinge Spitz auf Knopf, der pater familias - der sein gesamtes Vermögen und Vertrauen fatalerweise in die Hände des Scharlatans Tartuffe gelegt hat - droht nicht nur enteignet, sondern obendrein im Namen seiner Majestät verhaftet zu werden. Aber dann tritt Molière auf den Plan und verkündet mit all der ihm gegebenen Theaterautorität: „So endet dieses Stück hier nicht!". Schließlich befinden wir uns immer noch in einer Komödie.
Guntbert Warns findet , dass dem Klassiker keine Aktualitäts-Leitplanken eingezogen werden müssen, um seine Heutigkeit zu beweisen. Und da hat er natürlich einen Punkt. Warum soll beispielsweise Tartuffe nicht im zeitlosen Look eines selbstgefälligen Langhaar-Gurus seine zweifelhaften Verführungskräfte wirken lassen, statt mit plakativen Populisten-Insignien geschmückt zu werden? Stefan Jürgens spielt diesen Heuchler, der den übersättigten Gutbürger Orgon genauso um den Finger gewickelt hat wie dessen resolute Mutti Madame Pernelle.Die Madame wünschte sich, dass alle im Hause dem Herrn Tartuffe als moralischem Leitstern so hingebungsvoll folgen würden wie ihr Sohn.
Das führt zu Fassungslosigkeit bei der nicht verblendeten Mehrheit.
Es ist eine höchst unterhaltsame Molière-Inszenierung, vom prominenten Ensemble (zu dem neben Jürgens, Nocker, Fay und Hülsmann etwa auch Christin Nichols als resolute Hausangestellte Dorine zählt) mit großer Freude an der schönen Versfassung von Ludwig Fulda gespielt. Der Abend schafft es, den Spaß am Schrecken der Verführbarkeit zu vermitteln - aber eben ohne Schadenfreude.
Vielmehr steht die Frage im blutroten Bühnenraum von Ezio Toffolutti, wer felsenfest von sich behaupten möchte, vor jeder Scharlatanerie gefeit zu sein.“ Tagesspiegel

„Spät kommt er, doch er kommt. In Molières "Tartuffe", einer der größten Komödien der Weltliteratur, tritt die Titelfigur erst im dritten Akt auf. Aber es wird schon davor von nichts anderem geredet als von ihm: dem Heuchler , dem Scheinheiligen, der sich in das Haus des reichen Orgon eingenistet hat, unter dem Deckmantel der Frömmigkeit Moral und Anstand predigt und Orgon damit von seiner verlotterten Familie entfremdet. …Spät kommt er dann, der Tartuffe von Stefan Jürgens, und führt sich doch schon so selbstsicher auf, als sei er längst der Hausherr. Sein wahres Gesicht zeigt er schon früher als bei Molière, wenn er Orgons Schwager (ingo Hülsmann) eins auf die Nase gibt. Und vor Orgons Frau Elmire (Ernese Fay) lässt er buchstäblich die Hosen runter.
Fernsehschauspieler, die mal Theater spielen: Das geht nicht immer gut.
Hier aber zeigt sich: Es geht ganz wunderbar. Stefan Jürgens ist hier sogar - neben Christin Nichols als Zofe Dorin, die Volkes Stimme und den gesunden Menschenverstand vertritt - derjenige, dem Molières Verse am besten von den Lippen kommen, ohne ins Deklamieren zu verfallen. Bei ihm klingt das ganz heutig. Er kann aber auch körpersprachlich noch eins draufsetzen. Und so wird sein Berlin-Debüt - zu dem auch mancher Promi gekommen ist wie Andrea Sawatzki, Christian Berkel, Burkhart Klaußner oder Peymann - zu einem gelungenen Einstand.“
Berliner Morgenpost